Zwischen Wahrnehmung und Wirklichkeit: Der lange Weg zum positiven Körperbild

Herzlich Willkommen, heute geht es um das Thema Körperbild. Ich werde mit euch darauf eingehen, was es damit auf sich hat, wie es entsteht, wie es sich auf die Psyche auswirken kann und was ihr dagegen tun könnt.

Was ist das Körperbild?

Das Körperbild (oft auch als body image oder Körperschema bezeichnet) ist die individuelle Wahrnehmung des eigenen Körpers und der Gefühle, die wir damit verbinden. Es wirkt sich auf unsere Stimmung, unsere Gesundheit, unser Verhalten und die Beziehung mit anderen Menschen aus. Ein ganz schön wichtiges Thema also. Diese Wahrnehmung von sich selbst kann sich deutlich von dem objektiven Aussehen unterscheiden. Vielleicht nimmst du dich selbst als dicker oder dünner wahr als du eigentlich bist, nimmst vermeintliche Makel als dominant in deiner Entscheidung war, die von anderen kaum bemerkt werden oder im Extremfall sogar Makel, die gar nicht existieren. So kann ein verzerrtes Körperbild im Extremfall in eine sogenannte körperdysmorphe Störung führen. Betroffene machen sich übermäßig Sorgen über vermeintliche oder ganz geringe Makel, wodurch weitreichende Bereiche ihres Lebens negativ beeinflusst werden. Sie beschäftigen sich stundenlang mit diesem Makel, versuchen alles Mögliche, um ihn zu verstecken und ziehen sich oft zurück aus Angst davor aufgrund des vermeintlichen Makels abgewertet zu werden. 

Aber auch in leichterer Form kann ein verzerrtes Körperbild dazu führen, dass vermehrt negative Gedanken und unangenehme Gefühle auftreten. So erleben betroffene oft vermehrt Scham, Unzufriedenheit und Selbstzweifel.

Wie entwickelt sich unser Körperbild?

Die Entwicklung des Körperbildes wird durch verschiedene Aspekte beeinflusst. Soziale Normen und kulturelle Aspekte haben einen großen Einfluss. So gelten zum Beispiel in Asien andere Schönheitsstandards als in Europa. Aber auch unsere individuelle Biographie wirkt sich auf unsere Selbstwahrnehmung aus. Beeinflusst wird das Körperbild zum Beispiel durch:

  1. Kindheitserfahrungen: Erfahrungen während der Kindheit, wie Kommentare von Eltern, Lehrern oder Gleichaltrigen über das Aussehen. Positive oder negative Rückmeldungen prägen das Selbstwertgefühl und die Wahrnehmung des eigenen Körpers.
  2. Traumatische Ereignisse: Traumatische Erfahrungen wie körperlicher oder sexueller Missbrauch können das Körperbild stark beeinträchtigen. Opfer solcher Erfahrungen haben oft Schwierigkeiten, sich mit ihrem Körper wohlzufühlen und Vertrauen in ihn zu entwickeln.
  3. Familiäre Einflüsse: Die kulturelle und familiäre Umgebung prägt ebenfalls das Körperbild. Ist das Aussehen in der Familie ein großer Fokus? Wird viel über Diäten gesprochen? Wie sprechen die Eltern über Menschen im Umfeld?
  4. Lebensereignisse: Ereignisse wie Schwangerschaft, Krankheit oder Verletzungen können das Körperbild beeinflussen. Veränderungen im Aussehen, sei es durch Gewichtszu- oder Abnahme, Krankheit oder Behinderung, können das Selbstbild beeinträchtigen und zu negativen Gedanken führen.
  5. Beziehungen und soziale Interaktionen: Beziehungen und soziale Interaktionen spielen eine entscheidende Rolle bei der Gestaltung des Körperbildes. Positive Beziehungen und unterstützende soziale Netzwerke fördern ein positives Selbstbild, während negative Beziehungen oder Mobbing das Selbstwertgefühl beeinträchtigen und zu einem negativen Körperbild führen können.

Frauen sind häufiger von einem negativen Körperbild betroffen. Dies kann auf verschiedene Faktoren zurückzuführen sein, darunter gesellschaftliche Normen, die Frauen oft einem unrealistischen Schönheitsideal aussetzen, sowie die Medien, die oft Bilder von perfekten Körpern präsentieren, die schwer zu erreichen sind. Dennoch erleben auch Männer zunehmend mehr Schwierigkeiten mit dem eigenen Körperbild.

Im Zeitalter von Social Media und damit verbundenen ständigen Vergleichen mit (unrealistischen, bearbeiteten) Körperidealen kommt es verstärkt zur Ausbildung eines negativen Körperbildes, insbesondere bei Jugendlichen. Das zeigte zum Beispiel eine interne Studie von Facebook.

Folgen eines negativen Körperbildes

Das psychische Wohlbefinden kann drastisch durch ein negatives Körperbild beeinträchtigt werden. Menschen, die unter einem verzerrten Körperbild leiden, sind häufig mit Depressionen, Angstzuständen, einem geringen Selbstwertgefühl und sozialer Isolation konfrontiert. Das ständige Gefühl der Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper kann zu einem Teufelskreis führen, der das emotionale Gleichgewicht stark belastet und den Alltag beeinträchtigt.

Auch zwischen einem negativen Körperbild und Essstörungen wie Anorexie, Bulimie und Binge-Eating-Störung besteht eine enge Verbindung. Menschen, die mit ihrem Körperbild unzufrieden sind, neigen dazu, ungesunde Essgewohnheiten zu entwickeln, um einem idealisierten Schönheitsideal zu entsprechen oder um negative Gefühle zu bewältigen. Dies kann zu gefährlichen Verhaltensmustern führen, die die körperliche und psychische Gesundheit ernsthaft gefährden.

Generell beeinflusst das Körperbild unser Gesundheitsverhalten. Entweder durch exsessive Versuche den Körper zu verändern oder aber auch durch Vernachlässigung der eigenen Gesundheit, weil es der eigene Körper „nicht wert“ ist, sich gut um ihn zu kümmern. In beiden Fällen können gesundheitliche Probleme auftreten und das Risiko für verschiedene Erkrankungen ist erhöht.

Darüber hinaus kann ein negatives Körperbild zu Beziehungsproblemen führen, indem es die Intimität beeinträchtigt und zu Kommunikationsproblemen führt. Scham und Minderwertigkeitsgefühle spielen dabei eine große Rolle. Dies kann zu Spannungen, Missverständnissen und Konflikten führen.

Meiner Erfahrung nach fällt es Menschen mit einem negativen Körperbild aus dem Gefühl heraus weniger wert zu sein, oft auch schwerer für sich selbst einzustehen, ihre eigenen Grenzen zu verteidigen und ihre eigenen Bedürfnisse zu erfüllen.

Was kannst du tun?

Ein negatives Körperbild zu verändern ist oft gar nicht so einfach. Unser Gehirn hat das Bild gut eingespeichert und ruft es immer wieder ab. So kann man zum Beispiel beobachten, dass es bei Menschen, die lange übergewichtig waren und dann stark abnehmen, sich sehr häufig weiterhin als dick wahrnehmen und z.B. immer wieder Kleidung in zu großen Größen anprobieren. Erst nach langer Zeit und manchmal durch gezielte Interventionen passt sich das Bild langsam an. Heißt das nun, dass du nichts tun kannst? Nein. Ein erster wichtiger Schritt zur Veränderung deines Körperbildes ist die Akzeptanz deines Körpers, ganz unabhängig von seinem (vermeintlichen) Aussehen. Dazu habe ich einen weiteren Blogartikel geschrieben, in dem ich dir konkrete Übungen zur Verbesserung der Körperakzeptanz zeige. Warum ist Akzeptanz so wichtig? Wäre es nicht viel leichter sich zu akzeptieren, wenn man sich nicht verzerrt wahrnimmt? Bestimmt, aber das wird ohne Akzeptanz nicht eintreten. Zur Veränderung des Körperbildes braucht es eine regelmäßige, aber nicht übermäßige und wertschätzende Auseinandersetzung mit dem eigenen Körper. Und diese ist ohne Akzeptanz nicht möglich. Die Prozesse gehen also Hand in Hand. Trau dich die ersten Schritte zu machen. Das Leben wird sehr viel leichter, wenn du dich selbst gut akzeptieren kannst.

Leave a Comment

Your email address will not be published. Required fields are marked *

Scroll to Top